Herausnahme: Unsere Empfehlungen an Pflegeeltern
Wenn sich ein Konflikt über die Herausnahme eines Pflegekindes aus der Pflegefamilie abzeichnet, sollten sich Pflegeeltern anwaltlich beraten lassen.
Viel zu oft suchen Pflegeeltern erst dann anwaltliche Hilfe, wenn das Verfahren bereits weit vorgeschritten ist oder das Kind bereits die Familie verlassen hat. Je früher Pflegeeltern rechtliche Beratung suchen, umso effektiver können Maßnahmen zum Schutz des Pflegekinds durchgesetzt werden. Welche Maßnahmen Anwälte empfehlen, hängt von vielen Faktoren ab: dem Alter des Kindes, der Dauer des Pflegeverhältnisses, der Erziehungsfähigkeit der Eltern und des Engagements des Jugendamtes für das Kind.
In der Tat ist es Aufgabe des Jugendamts, sich schützend vor das Pflegekind zu stellen, wenn die leiblichen Eltern das Kind zur Unzeit aus der Pflegefamilie nehmen wollen. Sozialarbeiter können Pflegeeltern und damit vor allem das Pflegekind unterstützen. Sie können dies zum einen tun, indem sie Verantwortung übernehmen und bestimmte Entscheidungen im Vor- oder Umfeld des Gerichtsverfahrens treffen (zum Beispiel Regelung des Umgangs).
Außerdem könnten und sollten sie die Grundlage für die Entscheidung des Gerichts vorbereiten, indem sie ausführlich über die Lebensgeschichte des Kindes und die Gründe der Unterbringung berichten. Hierbei sind die im Hilfeplanverfahren festgehaltenen Daten und Fakten einzubeziehen.
Qualifizierte Untersuchung des körperlichen und seelischen Entwicklungszustands des Pflegekindes
Der seelische und körperliche Zustand, in dem ein Kind in die Pflegefamilie aufgenommen wurde, sollte dokumentiert werden. Nützlich sind sowohl das Tagebuchschreiben der Pflegeeltern als auch kompetente ärztliche Untersuchungen. Frühförderzentren und Sozialpädiatrische Zentren empfehlen sich hier. Sollte es im Verlauf des Pflegeverhältnisses zu einer gerichtlichen Auseinandersetzung kommen, sind diese Daten sehr wichtig.
Die Kinder sollten gleich nach der Aufnahme in die Pflegefamilie gründlich auf ihren körperlichen und seelischen Zustand sowie ihre Bindungssituation untersucht werden. Nur so kann ein effizienter Hilfeplan erstellt werden.
All dies sollte eigentlich selbstverständlich sein. In der Praxis erleben wir aber häufig schwer gestörte Kinder im Schulalter, die nie untersucht wurden und keine therapeutische Hilfe erhielten. Nicht selten „verbieten“ Jugendämter die erforderliche kinderpsychologische und -psychiatrische Diagnostik.
Rückkehr in die Herkunftsfamilie
Wenn die Rückkehr in die Herkunftsfamilie feststeht, sollten sich Pflegeeltern dafür einsetzen, dass der Übergang von der Pflegefamilie zu den leiblichen Eltern gleitend stattfindet und das Kind nach der Rückkehr die Pflegefamilie besuchen kann. Pflegeeltern haben ein Umgangsrecht mit ihren ehemaligen Pflegekindern gemäß § 1685 Abs. 2 BGB. Das Aufrechterhalten der Kontakte erleichtert die Rückkehr in die Pflegefamilie, wenn sich herausstellen sollte, dass die Eltern doch überfordert sind.
(Leicht veränderter Auszug aus dem Aufsatz Claudia Marquardt, Verbleib oder Rückkehr aus familienrechtlicher Sicht , 4. Jahrbuch des Pflegekinderwesens, Verbleib oder Rückkehr?! Perspektiven für Pflegekinder aus psychologischer oder rechtlicher Sicht, Herausgeberin: Stiftung zum Wohl des Pflegekindes, Idstein 2007)